Die Martin-Luther-Kirche in der Neustadt.
Springbrunnen am Albertplatz
Detail am Dresdener Zwinger 2008-06-28
Hannover Hbf
Eine kleine Reise von Borkum nach Thüringen
Heute Morgen aufgewacht und doch im Kopf schon auf dem Weg. Aus der Wärme des Bett geschält und in den Tag gelebt. Das Meer vor Augen, die Karte geschrieben und ein letztes Bild vom Strand gemacht. Das Tempo des Tages nahm erstmal wieder ab und bei Käffchen und WLAN begann die Reise erstmal am Tresen in Richtung entspanntes Morgenfeeling der Kneipe. Irgendwann bin ich los in die Sonne. Sie stand nun höher und blendete mich tierisch als ich die behütete Kneipenhölle in Richtung Inselbahnhof verließ. Es begleitet mich immer ein seltsames Gefühl wenn ich länger als 10 Stunden irgendwohin unterwegs bin, denn ich bereite mich nie besonders darauf vor, lass es kommen, mich überraschen und geh irgendwie damit um. Handy und Kreditkarte immer dabei.
Am Anleger angekommen, ergoss sich der Zug in den Strom der Bepackten und nahm Abschied von der Insel. Der Diesel lief an und vernebelte den Anzugträger mit seinem Jever, welches in schöner Regelmäßigkeit bis Emden erneuerte und wieder geleerte wurde.
Kinder wurden an die drei Regeln erinnert, NICHT rennen, NICHT auf der Reling oder sonst wo rumklettern und KEINEN Müll ins Meer werfen. Danach ließ man sich treiben, zweieinhalb Stunden bis nach Emden Außenhafen. Und sie rannten auf dem Deck herum. Am Außenhafen fuhr nach kurzem Warten der klimatisierte Zug zum Emdener Hauptbahnhof.
So wie die Stadt aussieht, scheint die Entnazifizierung in endlosen Bombennächten durchaus geglückt. Emden war und ist an der Mündung der Ems strategisch wichtig. Die Innenstadt sieht aus wie Legoland, die verklinkerte Demokratisierung. Das Leuchtschiff "Deutsche Bucht" will einen Schein von Idylle schaffen und kann die architektonische gewachsene Identität einer Stadt nicht wahren. Zurück am Bahnhof wird der in Beton gegossene Traum des Postwirtschaftswunders erneut betreten und zum ausgiebigen Sonnenbaden auf dem Bahnsteig genutzt. Emden – Umschlagpunkt des Skandinavischen Eisenerzes und Weg des Wiederaufbaus, daran erinnert auch die alte Dampflok der Baureihe 44 auf dem Bahnhofsvorplatz.
Seit einer Stunde hab ich nun Helge Timmerberg im Gepäck und seine Reise „In 80 Tagen um die Welt.“ 19,90€ wars mir dann doch wert, da es nach dem Lesen wahrscheinlichen seinen Weg über Ebay finden wird. 15:18 Uhr begann nun die Reise die mich zum China Imbiss in Hannover (18:55) führen sollte, denn bis Shanghai kam ich in den letzten vier Stunden. Timmerberg schreibt fesselnd, ein wenig wie Spiegel Online und Bild. Seine Sprache ist für sein Alter nicht wirklich reif, aber das macht das Buch lesenswert, denn es bietet Anknüpfungspunkte an den Reisenden der es liest und sei es nur der Hafen von Chania auf Kreta. Seine Beschreibungen ist bunt und wild, teilweise ungegliedert und scheinen nie von irgendjemanden kritisiert worden zu sein. Timmerberg spielt viel an, führt die wichtigsten Sachen aus ohne sich in seinen unzähligen Erfahrungen zu verzetteln, die er oft erwähnt und seiner Erzählung dadurch Reife verpasst. Leider fehlt diesem Buch, welches man bequem zwischen Nordsee und jeder anderen Stadt südlich des Mains lesen kann die Exzellenz die man sich von einem Berufsreisenden erhofft, Stand Seite 186.
In Hannover vom Gebrüll der pubertären Schwarz-Rot-Gold-Gröller geweckt, führte der Weg von Tims Shanghai direkt in den Chinaimbiss zum Tagesangebot für 3,50€. Eigentlich kann man doch recht gut mit diesem Buch reisen, teilweise erfrischend primitiv und weit weg vom Mainstream. Perfekt für Alleinreisende, die gerade auch mal über sich selbst nachdenken wollen.
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Gotha, 22:35 Uhr. Eine Entscheidung ist in den Gesichtern des ICEs auf der anderen Bahnsteigkante nicht abzulesen, Gruppen kauern zusammen, keine Freude. Wer weiß – es wird für mich eine Überraschung in der Nacht. Nach dem Regen vor Göttingen wartete eine Azubigruppe im RegionalExpress nach Erfurt mit der Radioübertragung auf mich. Damit schied jede Leselust aus. Immerhin wollte ich wissen, wie es weiter gehen sollte. Der große Sprung nach Japan, Mexiko, Kuba und Dublin nach Berlin. Aber ab Leinefelde war ich wieder drin. Im Universum des Reisenden.
[„Eine Durchsage für alle Sportinteressierten: Deutschland ist im Endspiel der Europameisterschaft! 3:2 Ich wiederhole, Deutschland ist im Finale!“ – Ich stell mir gerade die Stimmung im ICE vor..., hier ist tote Hose im RE nach Erfurt.]
Timmerberg schreibt zum Ende schneller, er scheißt ein wenig den Text hin und versetzt ihn nur bedingt mit Würze, ehr mit Verlust der schönen Zeit und Lebensweisheit eines alten Mannes. Sein Buch ist vergleichbar mit Havanna, der abgelebten Stadt die aus der Vergangenheit zerrt, alles schon erlebt und doch irgendwie kommt nicht richtig Neues. Seine Rettung ist Gras in Amsterdam und die Rückkehr an die Multikultifleischtöpfe Berlins. Halleluja Berlin. Kennt er den Autor von „Berlin für Arme“? Unwahrscheinlich! Aber Berlin im Mai ist für mich der Hammer und ein Sehnsuchtspunkt im Kalender des Reisegenusses. In diesem Sinne hab ich das Buch auf der Fahrt verschlungen, ohne dabei ab und zu sauer aufzustoßen, da Reisen immer frisch sind und schnell in ihrer Intensität verblassen. Darum reist man, um die Farben und Füllen immer wieder neu zu entdecken. So wie sich selbst. – 22:50 Uhr und der Zug hätte schon da sein sollen. Ich spüre noch immer das Salz auf meiner Haut, den Sand in den Schuhen und mag nur noch schlafen.
Helge Timmerberg, In 80 Tagen um die Welt. Berlin: Rowohlt 2008, ISBN 978-3-87134-593-7, jetzt als Gebrauchtexemplar bei Ebay ab 1€!
Die Fahrt nach Hause im noch erhaltenen Polo wird zur Ralley, die ganze Stadt tobt und ich fahr mit einen lustigen Hubrythmus direkt in mein Bett.
Kopfbedeckung passend zum Finale!
Ein letzter Blick nach Borkum
Ein Schiff auf der Ems
Idylle in Emden
on Borkum
Vorsaison auf Borkum
Diesel 1,61
Benzin 1,71
Hab ich gerade auf dem Morgenspaziergang entdeckt. Beste Grüße von Borkum.
the beach
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Haus des Lehrers in Berlin